10.12.2014
Zehn Jugendliche sitzen in einer silbernen, zylinderförmigen Kabine. Es ist der "Zeittunnel".
Reisebegleiter Matthias "Matze" Obert will mit den 14- bis 15-Jährigen reden. Thema: die Zukunft.
"Was wollt ihr später mal machen", fragt Matze. "Medizin", antwortet ein Mädchen. "Sehr gut",
sagt Matze, "Aber behalte immer einen Plan B im Auge. Falls es nicht klappt". Dann richtet sich
der Reisebegleiter wieder an die Runde: "Egal, welchen Beruf ihr später erlernt - es muss euch
Spaß machen".
Der "Zeittunnel" ist eine von vier Stationen, die seit gestern im Archäologiemuseum aufgebaut
sind. Sie gehören zu einem Parcours, in dem bis morgen 500 Schülerinnen und Schüler ihre Stärken
entdecken sollen. "Komm auf Tour" heißt das Gemeinschaftsprojekt der Bundesagentur für Arbeit,
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie der Stadt Chemnitz. Ziel:
Jugendlichen Orientierung für Beruf und Leben geben.
Eva Zscheile von der BZgA erklärte gestern das Prinzip: Neben dem Zeittunnel durchlaufen die
Schüler innerhalb von zwei Stunden: 1. ein Labyrinth: "Hier lösen sie Aufgaben und lernen, mit
Sackgassen umzugehen" 2. eine Bühne, auf der Mini- Theaterstücke improvisiert werden. 3. die
"sturmfreie Bude".
An allen Stationen moderieren sogenannte Reisebegleiter die Aktivitäten. Experten und Ratgeber
geben Anreize, stellen Fragen. Je 20 Minuten dauert ein Durchgang. Die Stärken, die sich dabei
herauskristallisieren, heften sich die Schüler symbolisch als Aufkleber an. Fantasie,
Organisationstalent und kommunikative Fähigkeiten etwa gehören zu den insgesamt sieben Gebieten,
in denen sich die Schüler selbst erkunden. Am Ende stehen sie entsprechenden Schaukästen mit
Collagen gegenüber. Hat ein Schüler vor allem Aufkleber im Bereich Fantasie gesammelt, blickt er
zum Schluss auf ein buntes Sammelsurium, das für kreative Berufe steht - ein Blick in die
Zukunft?
Laut Schirmherr Philipp Rochold geht es nicht darum, junge Leute in Arbeit zu bringen. "Wir
wollen eine Art Leitfaden an die Hand geben", sagt der Chemnitzer Bürgermeister für Bildung,
Jugend, Soziales, Kultur und Sport. Dieser Leitfaden bezieht sich nicht nur auf die Berufswahl,
wie die Station "Sturmfreie Bude" deutlich zeigt: In einer angedeuteten Küche probieren sich die
Jugendlichen in alltäglichen Dingen aus, bestellen zum Beispiel Pizza. Oder lernen im
Schlafzimmer, wie man ein Bett bezieht. Oder reparieren, wie die 14-jährige Viktorija Lazareva,
einen Abfluss: "Es war das erste Mal. Und es hat Spaß gemacht." Das "erste Mal" war auch Thema
im Wohnzimmer. Hier wurde über Liebe, Flirt, Beziehung und Sexualität diskutiert - unter
Anleitung erwachsener Moderatoren. Am Ende gab's eine Broschüre zu Pille, Kondom und Diaphragma.
Worin besteht letztendlich der Leitfaden von "Komm auf Tour"? Eva Zscheile, die Sprecherin für
gesundheitliche Aufklärung, legt Wert darauf, dass das Ganze nichts mit Zwang und Bevormundung
zu tun hat: "Die Jugendlichen lernen sich selbst auf spielerische Art und Weise kennen. Wir
helfen dabei, erzählen ihnen aber nicht, was sie zu tun haben."
Jugendliche im Beratungs-Tunnel
erschienen am 10.12.2014 ( Von Christoph Pengel )
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In ungewohnter Umgebung die eigenen Interessen erkunden und so vielleicht zum Traumberuf finden. Dieses Anliegen verfolgt die bundesweite Initiative »Komm auf Tour – meine Stärken, meine Zukunft«.
Foto: Tobias Ehleben (Amtsblatt Chemnitz - Nr. 49 - 10.12.2014)